Sehr geehrter Herr
Dipl. Ing. Papst!
Vielen Dank für
Ihre interessanten Anregungen. Tatsächlich ist es in Wirtschaftskrisen
besonders wichtig, nach kreativen Lösungen zu suchen, und Ihre Idee einer
breiten Nutzung von Arbitrage auf Devisenmärkten als Finanzierungsinstrument
für Schulabgänger, Firmen und Gemeinden ist durchaus originell.
In der Sache selbst bin ich allerdings doch eher skeptisch. Zwar ermöglicht
der Devisenhandel zweifellos interessante Möglichkeiten, allerdings besteht
auch ein nicht zu vernachlässigendes Risiko selbst bei größter Expertise.
Anders formuliert: Ich würde den Einstieg in den Devisenhandel nur sehr wenigen
Menschen empfehlen.
Ganz im Gegensatz zu Ihrer Idee der weiteren Verbreitung von
Devisenhandelsgeschäften, zielt z.B. die Forderung vieler Experten nach einer
Finanztransaktionssteuer darauf ab, Gewinne aus Arbitragegeschäften
einzudämmen. In der ursprünglichen Variante einer Finanztransaktionssteuer ist
die Steuerbasis sogar auf den Devisenhandel beschränkt (die sogenannte
Tobin-Tax). Als vehementer Unterstützter dieser Forderung befürchte ich also,
dass wir hier nicht ganz auf einer Linie liegen.
Auch in Ihrer Analyse der Ursachen der Finanzkrise bin ich ganz anderer
Meinung. Ich sehe die Ursache dieser Krise tatsächlich in einem Systemversagen
(mag sein, dass der Glaube an die leicht verdiente hohe Rendite Teil diese
Systems war) - in einer Kombination aus Deregulierung der Finanzmärkte und
Finanzmarktinnovation, verstärkt durch makroökonomische Ungleichgewichte, mangelnde
Früherkennung von Blasenbildungen und möglicherweise der daraus folgenden
falschen Zinspolitik.
Letzlich wurde diese Krise von dem falschen Glauben an die
selbstregulierenden Kräfte der Märkte ausgelöst, und wir alle zahlen einen
hohen Preis für das Zurückdrängen des Staates in seinen ordnungpolitischen
Kernaufgaben, zu denen die Regulierung der Märkte gehört, zugunsten
unregulierter Märkte, in denen negative Externalitäten nicht internalisert
werden können.
Finanzmärkte spielen natürlich insgesamt eine wichtige Rolle
in unserer Wirtschaft (wie Sie richtig sagen, 'man darf nicht alles
verteufeln'): zur Veranlagung von Guthaben, zur Finanzierung von Investitionen
und zur Transformation von Fristen (SparerInnen wollen Geld kurzfristig
verfügbar haben, und Unternehmen benötigen längerfristige Finanzierungen). Das
alles hilft der Schaffung von langfrisitgen Werten, die im Mittelpunkt unseres
wirtschaftens stehen sollte. Auch Fremdwährungsmärkte haben in einer zunehmend
integrierten Weltwirtschaft ihre Aufgabe, und die Konsequenz dieser Krise darf
keine neuer Protektionismus oder gar Nationalismus sein!
Zusammenfassend würde ich festhalten, dass immer folgende Grundprinzip zu
gelten hat: Finanzmärkte und auch alle anderen Märkte haben den Menschen zu dienen
und nicht umgekehrt.
Mit freundlichen
Grüßen
Andreas Schieder
Mag. Andreas Schieder
Staatssekretär
im Bundesministerium für Finanzen
Hintere Zollamtsstraße 2b, 1030 Wien
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